Dekoloniales Netzwerk

Nordwest

Tagung Bremen Elefant

Aktuelles

„Der Elefant im Raum“

Internationale Tagung zu Bremens (post-) kolonialer Geschichte und Gegenwart

WANN: 29.11. – 01.12.2023

WO: Haus der Wissenschaft Sandstraße 4/5 in 28195 Bremen

WER: [Organisation] Norman Aselmeyer (Universität Bremen) & Dekoloniales Netzwerk Nord

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Kurze Projektbeschreibung

Willkommen bei DeKol

Die Ausgangssituation für viele BIPoC in Niedersachsen und vor allem in ländlichen Gebieten ist, dass sie kaum bis wenig Möglichkeiten haben, sich zu verbinden und sich auszutauschen über Alltagsrassismus und wie dieser im Zusammenhang steht mit kolonialen Kontinuitäten und gesellschaftlichen Machtstrukturen der weißen Dominanzgesellschaft. Des Weiteren gibt es keine ausreichenden Fort- und Weiterbildungen insbesondere in Friesland (Oldenburg und Wilhelmshaven). Ferner gibt es für viele Eltern bzw. Erziehungsberechtigte, die Rassismuserfahrungen sammeln müssen in Kindertageseinrichtungen oder Schulen, kaum bis gar keine Räume, sich auszutauschen. Das Konzept der „rassismusfreien Schulen“ ist ein weiß konzipiertes. Viele Beratungsstellen in Niedersachsen sind primär von Institutionen und paritätischen Vereinen konzipiert worden, ohne Berücksichtigung, dass ein Mensch, der Rassismuserfahrungen macht und täglich mit Mikroaggressionen konfrontiert ist, nicht gerade Vertrauen entwickeln kann, wenn er*sie einer weiß gelesenen Person gegenübertreten muss. Viele BIPoC und vor allem zugewanderte BIPoC versuchen fachliche Unterstützung zu erhalten, doch die Möglichkeiten, wie der Dachverband Netzwerk Afrika (Bremen) oder Afrika Union e.V. (Friesland, Wilhelmshaven) sind dafür nicht ausreichend mit fachlichen Personal und professionalisierter Expertise ausgestattet, bzgl. der Beratung, Verwaltung, der Judikative etc. Das Bindeglied der Zivilgesellschaft (BIPoC, Schwarze Menschen) sind oft der Dachverband Netzwerk Afrika (Bremen) oder Afrika Union e.V. (Friesland, Wilhelmshaven), jedoch sind es oft ehrenamtliche Mitarbeiter*innen, die selbst am Existenzminimum leben und oft mit wenigen eigenen Mitteln aus ihrer eigenen Biografie heraus, anderen Schwarzen Menschen, die in der Diaspora leben, unterstützen. Oft fehlt es an Expertise an rechtlichen Angelegenheiten (Aufenthaltsrecht), Zuwanderung, wirtschaftliche Unterstützung, juristische Unterstützung, Eltern- und Kind-Beratung, Fort- und Weiterbildung insbesondere auch in Bezug auf antischwarzen Rassismus. 

Über uns

Wer verbirgt sich hinter DeKol?

Gemeinsam setzen wir uns aktiv gegen koloniale Kontinuitäten ein, um strukturelle Diskriminierung und Ungerechtigkeiten zu bekämpfen und eine inklusive Gesellschaft zu schaffen, in der alle Menschen gleiche Chancen und Rechte genießen können.

Anja Naundorf-Adu

„Es bleibt noch viel zu tun – jeder Mensch sollte sich ganz persönlich mit Rassismus beschäftigen. „

Anja ist weiße deutsche Mutter eines von Rassismus betroffenen Kindes. Aus dem Versuch das eigene Zuhause und sich selbst ein bisschen sicherer zu machen, ist mittlerweile eine fast 15 jährige antirassistische Lern-Reise geworden und das einzige was wirklich klar ist: Es bleibt noch viel zu tun. Auch wenn Anja davon überzeugt ist, dass Dekolonialisierung bei jedem Menschen zutiefst individuelle Persönlichkeitsarbeit erfordert, möchte sie auch im Außen was bewegen. Deshalb ist sie seit dem 31.12.2021 im Dekolonialen Netzwerk Nordwest dabei und unterstützt das Netzwerk im Team Oldenburg.

Wilma Virginia Nyari

„Ich setze mich insbesondere für einen sensiblen Umgang mit Kolonialen Strukturen und Kontinuitäten ein.“

Das frühzeitliche Bestreben vieler Menschen – und Gesellschaften sich weiterzuentwickeln führt oft zu Ausbeutung von anderen Gesellschaften. Um dies zu rechtfertigen, werden einst wertfrei geborene Kinder von uns Menschen mit Normen und Werten geprägt. Oft sind diese Narrative mit stereotypischen Bildern verbunden; die letztlich dazu führen, dass Menschen marginalisiert, dominiert und herabgewürdigt werden. Die unterschiedlichen Formen von Herabwürdigung (Diskriminierung) finden wir nicht nur in der historischen Betrachtung, sondern sie ist Bestandteil einer kontinuierlichen Ausbeutung von Mensch, Tier & Natur, die bis in die Gegenwart stattfindet – Kapitalismus. Das Streben einer
Gesellschaft sich weiterzuentwickeln, sollte nicht dazu führen, dass Lebensräume anderer Menschen und Gesellschaften mit Gewalt eingeschränkt oder vernichtet werden. Denn kein Mensch kann sich aussuchen, ob und wo er hineingeboren wird.

Soniya Alkis

„Für eine macht- und rassismuskritische Gesellschaft ist es unabdingbar bestimmte Themen in den Mittelpunkt zu rücken.“

Mein Name ist Soniya Alkis. Ich bin an der CvO Universität Oldenburg im Arbeitsbereich Schulpädagogik und Rassismuskritik tätig. Ich bin Teil des Netzwerkes DeKol, um ein Bewusstsein für koloniale Strukturen und Kontinuitäten zu schaffen, die Themen in den Mittelpunkt zu rücken und eine Auseinandersetzung anzuregen. Dies ist meiner Ansicht nach für eine macht- und rassismuskritische Gesellschaft unabdingbar.

Anne-Katrin Kreisel

„Es ist dringend notwendig sich aktiv mit der Geschichte auseinanderzusetzen.“

Ich bin seit Januar beim Netzwerk DeKol dabei und komme aus dem musealen Bereich. Dort gelange ich immer wieder mit der absoluten Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit dem Kolonialismus und seinen Folgen sowie der Sensibilisierung für Rassismus in Kontakt. Nicht nur in Bezug auf die eigenen Sammlungen, sondern auch bei Mitarbeitenden und Besuchenden. Für ein gesamtgesellschaftliches Bewusstsein darf Aufklärung nicht an der Museumstür enden, sondern muss durch Projekte und Veranstaltungen eine breitere Bühne bekommen.

Diana Thiam

„Neben DeKol setze ich mich dafür ein das N-Wort zu stoppen.“

Als Mutter von zwei Töchtern ist es mein größter Wunsch, dass sie in einer Welt aufwachsen, die frei von Vorurteilen und Rassismus ist. Als Schwarze Frau aus Wilhelmshaven kenne ich die schmerzhaften Erfahrungen von Diskriminierung leider allzu gut. Doch ich glaube fest daran, dass Veränderung möglich ist. Deshalb engagiere ich mich für die Initiative „DeKol“. Mein Ziel ist es, eine sensibilisierte und inklusive Umgebung in Niedersachsen zu schaffen, in der alle Kinder friedlich aufwachsen können. Ich möchte das Bewusstsein für Rassismus in unserer Gesellschaft stärken.

Virginie Kamche

Virginie Kamche

„Als Fachpromotorin für Migration, Diaspora & Entwicklung fördere ich die 17 globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen.“

Geboren in Kamerun, habe ich in Frankreich Bauwesen und in Bremen Informatik studiert. Inzwischen bin ich seit über 20 Jahren Sprachrohr der afrikanischen Community und trete mit großer Überzeugungskraft dafür ein, dass die Stimmen der People of Colour Gehör bekommen. Ich engagiere mich für eine kulturelle Vielfalt und die Inklusion von Menschen globaler Identität dabei verstehe ich mich als herkunftsübergreifende Netzwerkerin. Als  Mitgründerin des Vereins Afrika Netzwerk Bremen (ANB) e.V., Initiatorin des Diaspora Preises und Trägerin des Diversity Preises 2019 bin ich auch gerne eine der Ansprechpartnerinnen für DeKol Netzwerk Nordwest.

Unsere

Ziele und Module

Ziel ist durch die Fördermittel ein Netzwerk aufzubauen, um die Mängel an Strukturen für Schwarze Menschen, afrikanische und afrodiasporische Menschen in Deutschland zu schaffen. Weitere Zielsetzung ist es, einen kausalen Zusammenhang zwischen kolonialen Kontinuitäten und den damit verbundenen rassistischen Strukturen und deren Auswirkungen auf besagte Menschen in Deutschland erkennbar zu machen. Dazu braucht es regelmäßige Fort- und Weiterbildungsangebote durch die Community in Kooperationen mit Schulen und anderen Kooperationspartner*innen, um eben diese Zusammenhänge aufzuzeigen und einen neuen Umgang damit zu erwirken. Dazu wollen wir mittels übergreifender Vernetzung zunächst in den drei Städten ein dekoloniales Netzwerk Nordwest aufbauen. Uns ist es wichtig, dass wir unsere Arbeit in der Weise gestalten, dass möglichst viele Menschen einen Zugang dazu finden.

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Modul 1

Aufbau eines Netzwerks in Bremen, Oldenburg, Wilhelmshaven

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Modul 2

Durchführung von Veranstaltungen, Podiumsdiskussion, Ausstellungen, Workshops etc.

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Modul 3

Bildungs- und Sensibilisierungsarbeit zu den Themen Kolonialismus und (Alltags-)Rassismus

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Modul 4

Empowerment von BIPoC für Familien und nachfolgenden Generationen

Unsere

Veranstaltungen + Projekte

Hier findet Ihr eine Reihe von Events, die noch stattfinden oder bereits stattgefunden haben.

„Der Elefant im Raum“ Tagung in Bremen vom 29.11. bis zum 01.12.2023 im Haus der Wissenschaft, Bremen

Diaspora-Preis in Wilhelmshaven am 20.08.2023 im Kulturzentrum Pumpwerk

Schulprojekt bei der IGS Wilhelmshaven

Veranstaltung

„Wohnen“ in HB

Unsere Kämpfe – Wie Frauen* ihre Geschichten nicht durch Krieg & Krisen definieren lassen

Wanderausstellung „Zwischen Petition und Rebellion“

Veranstaltung „Tell Your Story“ – Safer Space –

Ausstellung

„Was ihr nicht seht“

Filmpremiere & Diskussion

„Der vermessene Mensch“

Film- & Veranstaltungsreihe

Koloniale Kontinuitäten „mächtig unfair“

Statement zu dem Film

“Der vermessene Mensch”

von Lars Kraume (2023)

Der Kinofilm “Der vermessene Mensch” wirkt nach. Er löst viele Emotionen aus. Aber sicherlich nicht nur bei einzelnen Personen, sondern gewiss bei vielen. In dem Film geht es um den deutschen Kolonialismus und damit um die Gewaltherrschaft, die von der deutschen Kolonialmacht in „Südwestafrika“ – vom deutschen Militär – ausgeübt wurde. Es geht um die Täter*innenperspektive. Wie kann ein weißer, deutscher Regisseur (Lars Kraume) aus der Perspektive der Täter*in erzählen? Wie kann diese grausame Gewalt dramaturgisch im Film unter Berücksichtigung aller Aspekte umgesetzt werden?

Tatsache ist, dass der Völkermord/Genozid an den Herero und Nama in der Zeit 1904 und 1908 mehreren tausenden Menschen das Leben gekostet hat. Die Sicht auf den Völkermord/Genozid innerhalb der Bevölkerung Namibias ist sehr unterschiedlich und wird auch dort divers diskutiert. Ein wichtiger Aspekt sollte noch erwähnt werden: Es gibt in Namibia eine weiße, deutsch-sprachige Minderheit. Die Angehörigen dieser Minderheit haben sowohl die deutsche als auch namibische Staatsbürgerschaft. Deutsch-Namibier*innen werden von der Bundesregierung immer wieder zu Gesprächen eingeladen. Sie haben nach wie vor die ökonomische Macht, besitzen viel Land, das während des Kolonialismus angeeignet wurde. Deutsche Schulen werden von der Bundesrepublik Deutschland unterstützt. Die weißen deutschsprachigen Namibier*innen brauchen kein Visum. Die Beantragung eines Visums für Schwarze Namibier ist aufwendig und mühselig. Dies zeigt uns die Kontinuitäten des Kolonialismus und der Apartheid, die hier im deutschen Diskurs kein zentrales Thema ist, die Bundesregierungen stützen diese sogar. Wie schwer die Aufarbeitung von Gewaltverbrechen in Deutschland insgesamt war, zeigt die Geschichte der Erinnerung an die Verfolgung und Ermordung der Jüd*innen, Sinti*zze und Roma*nja sowie Schwarzer Deutscher. Die Aufarbeitung des Genozids an den Herero und Nama war lange kein relevantes Thema. Viel ist bislang nicht passiert seitens der politischen Gremien/Deutschen Regierungen, obwohl wir uns bereits am Ende der UN-Dekade für Menschen afrikanischer Herkunft mit ihren drei Schwerpunkten „Anerkennung, Gerechtigkeit und Entwicklung“ befinden (2014 – 2024). Dieser zweifelhafte Umgang verdeutlicht die nach wie vor vorhandenen Machtstrukturen von Kolonialismus und Kapitalismus.

Wie also ist der Film von Lars Kraume in der gegenwärtigen Erinnerungskultur einzuordnen?

Die Vielschichtigkeit des Themas und die damit verbundenen Perspektiven können den Blick auf die wesentlichen Aussagen des Films trüben. Nämlich: Dass in der weißen Dominanzgesellschaft viele Menschen Privilegien haben und jeden Tag neu entscheiden können, welche Richtung sie moralisch und ethisch einschlagen (Protagonist: Hoffmann, Lernender und Forscher). Dass der Reichtum Europas auf Brutalität, Ausbeutung, Genozid und Vergewaltigung beruht. Diese Gewaltherrschaft und die Folgen sind bis heute global spürbar. Diese Botschaft ist bedauerlicherweise in der weißen Dominanzgesellschaft im zivilen Kontext noch nicht angekommen, auch nicht bei einigen Kritiker*innen und in den politischen Gremien Welche Rolle spielt die Forschung damals und heute? Und welche gesellschaftlichen Auswirkungen kann diese haben? Viel Geld wird für Forschung bereitgestellt, obwohl eurozentrische Perspektiven häufig nicht revidiert werden. Der Film von Lars Kraume ist nicht, wie oft zu lesen und zu hören ist, der erste Film, der sich mit dem Thema Kolonialismus auseinandersetzt. Was aber mit Bestimmtheit gesagt werden kann, ist, dass der Film von Lars Kraume das Thema erneut in den Fokus stellt und damit eingefordert werden kann, sich mit dem brutalen Kapitel des Kolonialismus auseinanderzusetzen. Die Erinnerungskultur, aber auch die Aufarbeitung deutscher Kolonialgeschichte – und die damit verbundene Gewaltherrschaft – ist, wie erwähnt, eine miserable. Dazu zählt die Aufarbeitung des deutschen – aber auch – des europäischen Kolonialismus und seiner Nachwirkungen. Das zeigen ebenso die Ergebnisse der Provenienzforschung in der Gegenwart. Das Archivieren und der zweifelhafte Umgang mit den Schädeln der Nama und Herero, aber auch der Umgang mit anderen Raubgütern in deutschen Museen und Archiven wie auch Privatsammlungen ist erschreckend für Schwarze Menschen, die während des Kolonialismus brutal ihrer Identität beraubt wurden. In diesem Diskurs sind die Argumente einiger deutscher Politiker*

innen einfach nur beschämend. Viele archivierte Artefakte sind so kontaminiert mit giftiger Substanz (das diente der Konservierung), dass sie eigentlich als Sondermüll entsorgt werden müssten. Doch auch hier wird wenig darüber gesprochen, was das für Auswirkungen hat, gerade auch in Bezug auf die berechtigten Forderungen nach Wiedergutmachungen und Reparationszahlungen. Auch hier wird beharrlich geschwiegen seitens der deutschen Regierung.

Unser Resümee: Die diversen Diskurse um den Film von Lars Kramer und Girley Charlene Jazama zeigen, wie komplex das Thema ist und der Film den Blick auf die Komplexität der Gewalt- und Machtverhältnisse vermissen lässt. Dass der Film nun in aller Munde ist, zeigt aber auch die Macht der Deutungshoheit auf. Zeigt, wie, wann und wer in diesen Diskursen sprechen kann. Auch hier ist die Wirkmächtigkeit der weißen Dominanzgesellschaft unmittelbar zu spüren. Das macht wütend und lässt zweifeln an den Bemühungen, sich wirklich dem Thema zu stellen. Bis heute gab es keinen würdevollen Umgang mit dem Thema des Genozids gegenüber den Betroffenen in Namibia. Es muss deutlich werden, wie Machtstrukturen eine weiße Dominanzgesellschaft in Deutschland und Namibia reproduzieren und viele Schwarze Menschen (Minderheit in Deutschland, aber Mehrheit in Namibia) marginalisiert werden.

Girley Charlene Jazama, die Hauptdarstellerin im Film, zählt in Namibia zu den hoffnungsvollen Nachwuchsschauspieler*innen. Sie ist auch Produzentin und Regisseurin. Sie hat bereits etliche Preise gewonnen. Wieso wird in den Kritiken eigentlich nicht ihre großartige schauspielerische Leistung erwähnt, gerade vor dem Hintergrund des toxischen Themas. Dass sie in den Medien oft beiläufig erwähnt wird, zeigt eben genau die Machtverhältnisse auf, in denen Schwarze Menschen leben. Auch sollte es Priorität haben, den Nachfahren der Verfolgten und Ermordeten zuzuhören und nicht die Deutungshoheit zu übernehmen. Dazu zählt auch, wie die Werbung zum Film und die Gespräche mit dem Regisseur, Girley Charlene Jazama und weiteren Personen zeigen, dass die Stimmen von einzelnen Schwarzen Menschen funktionalisiert werden, um sich selbst unangreifbar zu machen.

Die Überlagerung vieler Aspekte, die sowohl das Thema und die damit verbundene Aufarbeitung betreffen, sind für viele eine emotionale Herausforderung, für alle Beteiligten ein Learning by Doing. Dies lässt den Rückschluss zu, dass nicht alle Beteiligten an den Diskursen über eine weitreichende Sensibilisierung verfügen und es immer wieder in diesen Diskursen zu Verletzungen kommen wird. Denn jede*r Einzelne, der*die sich an den Diskursen beteiligt, hat unterschiedliche Lebensrealitäten und unterschiedliche Sozialisierungsprozesse hinter sich. Das entbindet ihn*sie aber nicht, sich kundig zu machen und zu reflektieren, um Verletzungen zu vermeiden. Die europäischen Schwarzen Communities haben schon vor Jahrzehnten begonnen, die Diskurse in öffentlichen Räumen mit der Zivilgesellschaft zu führen. Doch diese wurden oft nicht ausreichend im öffentlichen Kontext abgebildet. Die Ermordung von George Floyd in den USA und die weltweiten Demonstrationen Schwarzer Menschen im Zuge der Black Lives Matter Bewegung haben erneut ein Schlaglicht auf rassistische Strukturen in westlichen Gesellschaften geworfen. Dabei steht Racial Profiling im engen Kontext mit kolonialen Praktiken: Äußerliche Merkmale, die zugrunde gelegt wurden und werden, um Menschen zu selektieren, zu vermessen, und zu bestimmen, wer ein Recht auf Leben hat und wer nicht.

Die Vielschichtigkeit des Themas, die sichtbaren und unsichtbaren Spuren des Kolonialismus sind umfassend und reichen weit in die Vergangenheit, aber auch in die Gegenwart Schwarzer Menschen hinein. Starre Strukturen und Denkmuster bestimmen viele Lebensräume. Diese finden sich auch im Diskurs zu dem Film “Der vermessene Mensch” wieder. Sie finden sich aber auch beispielsweise im Diskurs zur Umbenennung von Straßen, Plätzen und Gebäuden im öffentlichen Raum wieder. Gleichfalls reproduzieren etwa Label von Produkten rassistische Sprache. Die Verherrlichung der damaligen Held*innen, die maßgeblich am Genozid beteiligt waren, sind in vielen Städten wiederzufinden. All das wird in der Öffentlichkeit zu wenig problematisiert.

Letztlich bleibt uns Lars Kraume aber eine Anwort auf die Frage schuldig: Wieso werden die Co-Drehbuchautor*innen und damit auch die Mitwirkung von Girley Charlene Jazama bei der Werbung nicht deutlicher erkennbar? Warum steht Lars Kraume im Mittelpunkt und macht dabei für sich die Aussagen der Schwarzen Schauspielerin nutzbar? Warum keine Produktionsarbeit, die versucht, bestehende Machtstrukturen zu überwinden und eine Kooperation mit Schwarzen Expert*innen auf Augenhöhe zu realisieren? Die Erzählung des Regisseurs über die Previews in Namibia erinnert an lange zirkulierende Denk- und Handlungsmuster, die an die Figur des weißen Retters erinnern: Schwarze namibische Communities, so die Erzählung, sind dankbar, dass dieser Film produziert worden ist und ihnen an den verschiedensten Orten vorgeführt worden ist. Endlich können sie erzählen. Danach schafft ein deutscher Regisseur, ein Nachkomme der Täter*innengesellschaft, auch wenn es damals Interventionen gegen den Genozid gab, den Raum über die kolonialen Verbrechen der Deutschen zu sprechen. Das ist schon schwer auszuhalten.

Geht es hier um das Ersuchen einer „Absolution“, sich selbst als guter Akteur der Aufarbeitung von Vergangenheit zu inszenieren? Kritisch anzumerken ist, dass damit zugleich der lange und starke Aktivismus in Namibia um eine Anerkennung des Genozids, die Forderung nach angemessener Entschädigung wie auch die transnationalen Solidaritäten in den Hintergrund geraten und überlagert werden. Vergessen gemacht wird auch, dass die weiße deutsch-sprachige Community in Namibia nicht ihre Privilegien teilen will und, wenn überhaupt, symbolische Versöhnungsgesten bevorzugt. Diese Community wurde erst gar nicht mit Previews konfrontiert.

Dennoch, eins hat der Film von Lars Kraume auf jeden Fall erreicht: Wir reden miteinander. Es bleibt nur die Frage, wie. Und welche Folgen dies für Dekolonisierungsprozesse hat und vor allem auf eine Entschädigung der Nachfahren des kolonialen Genozids, die nicht auf der Kolonialität des Denkens und Handels der politisch Verantwortlichen in Deutschland basiert? In diesem Sinne gilt es auch das Statement der betroffenen Communities zu akzeptieren: „Nothing about us without us“.

Podcast mit Wilma

Hier findest Du BALD

Impressionen

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Die Impressionen bieten fesselnde visuelle Einblicke in die Dekolonialisierungs- und Antirassismusarbeit, die das Engagement und die Vielfalt unserer Bewegung auf eindrucksvolle Weise veranschaulichen.

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Wir sind in drei niedersächsischen Städten zu finden

Standorte + Netzwerk

Bremen

Afrika Netzwerk Bremen e.V.

Breitenberg 25 – Hintereingang (3. Stockwerk)

28195 Bremen

Oldenburg

Arbeitskreis Koloniale Kontinuitäten Oldenburg

genaue Adresse folgt in Kürze

26121 Oldenburg

Wilhelmshaven

Afrika-Union Wilhelmshaven-Friesland

Börsenstraße 130

26382 Wilhelmshaven

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